Demgegenüber erweist sich unser System der Sozialen Arbeit in neun Zehnteln seiner Bestandteile als eine Technologie des industriellen Steinzeitalters. Unterdessen ist sie aber zu einem Industriezweig geworden, der hunderttausenden ein Aus-, d. h. Einkommen gibt; aus öffentlichen Mitteln. Da geht es nicht länger an, daß sie gedanklich bei ihren Nachbarfächern zur Untermiete wohnt. Die Zeit für eine kohärente Selbstreflexion ist überreif. Statt auf Pump weiter zu wursteln, schuldet sie der Öffentlichkeit eine umfassende Ortsbestimmung im gesellschaftlichen Gefüge.
In der Moderne verlieren die überlieferten, gemeinschaftsförmigen Sozialisations-Strukturen ihre Bedeutung an kommerzielle und öffentliche Vermittlungs-Agenturen. Sozialarbeit wird zu einem Mitbewerber in der großen Dienstleistungsbranche der Berater. Als Anbieter auf dem Markt wird sie zu einem Organ der zivilen Gesellschaft.
An ihre durchgängige Umordnung zur allgemeinen Dienstleistung, zu einer öffentlichen Ressource bei der privaten Lebensbewältigung, ist nicht zu denken, solange sie nicht aus ihrer organischen Verstrickung in die öffentliche Verwaltung befreit ist. Den Weg dahin haben wir gezeigt:[5] die Überführung der gesamten ‘klinischen’ Sozialarbeit aus den Verwaltungen heraus in privatrechtliche Trägerschaft – Vereine oder Gesellschaften -, die von den Gebietskörperschaften selber zu gründen wären; und deren öffentliche Verfassung in obligatorischen Berufskammern - damit die Behörde nicht Sozialarbeiter, und die Sozialarbeit nicht Behörde spielen muß.
[4] siehe “Befreit die Sozialarbeit – ein Vorschlag zur Umordnung der Jugendhilfe” in Sozial Extra 2/91
[5] siehe
ebd. – Die Kammer schafft öffentliche Kontrolle, zugleich qualifiziert
sie sie fachlich: Das ist neu und kann nicht schaden. Die Vergabe von
Steuergeldern ist aber ein hoheitlicher Akt, und Sache der Behörde. Die
Kammer kann ihr, wennschon keine objek- tiven, doch immerhin fachliche
Vergabekriterien an die Hand reichen. Denn heute gilt dort doch
immernoch: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst, und: Wer hat, dem wird
gegeben…
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