Ein
Anspruch auf Hilfe zur Erziehung wird nach § 27 KJHG durch die Tatsache
begründet, daß „eine dem Wohl des Kindes oder Jugendlichen
entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist“. Zu einer Ergründung
von Ursachen („Ätiologie“) und zu einer diagnostischen Wertung (etwa:
„gefährdet oder geschädigt“) ist nach Geist und Buchstab des neuen
Gesetzes niemand mehr aufgerufen. Ist jene Tatsache einmal festgestellt,
überprüft das Jugendamt im Hinblick auf eine mögliche Übernahme der
Kosten, ob eine angebotene Hilfe „geeignet und notwendig“ ist.
Wenn ein Kind und seine Familie entschlossen sind, sich voneinander zu trennen, so ist in der Regel davon auszugehen, daß eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung zum gegebenen Zeitpunkt nicht (mehr) gewährleistet ist. Das Kinderhaus bietet Hilfe in grundsätzlich allen Fällen an, wo ein Kind aus dem einen oder andern Grunde nicht mehr im Haushalt seiner Eltern wohnen kann oder will und nicht wesentlich jünger als zehn, aber auch nicht älter als vierzehn Jahre ist. Diese pragmatische Indikation reicht als Aufnahmebedingung aus. Ob und welche zusätzlichen Hilfsangebote angezeigt sind, wird sich im Verlauf des Aufenthalts im Kinderhaus selbst erweisen.
Wenn ein Kind und seine Familie entschlossen sind, sich voneinander zu trennen, so ist in der Regel davon auszugehen, daß eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung zum gegebenen Zeitpunkt nicht (mehr) gewährleistet ist. Das Kinderhaus bietet Hilfe in grundsätzlich allen Fällen an, wo ein Kind aus dem einen oder andern Grunde nicht mehr im Haushalt seiner Eltern wohnen kann oder will und nicht wesentlich jünger als zehn, aber auch nicht älter als vierzehn Jahre ist. Diese pragmatische Indikation reicht als Aufnahmebedingung aus. Ob und welche zusätzlichen Hilfsangebote angezeigt sind, wird sich im Verlauf des Aufenthalts im Kinderhaus selbst erweisen.
Ob
eine Unterbringung in einem fremden Haushalt notwendig wird (i. S. v. §
34 KJHG), hängt davon ab, „wie ernst“ es dem Kind und der Familie mit
ihrem Trennungswunsch ist. Diese
Frage ist jedoch nicht durch gutachtlichen Sachverstand zu entscheiden,
sondern wiederum nur pragmatisch: durch Erprobung. Ausreißen und
Verstoßung sind Gesten, die oft ihr Gegenteil bedeuten sollen. Darüber
können sich die Beteiligten nicht durch Introspektion Gewißheit
verschaffen, sondern indem sie zur Tat schreiten. Dann steht eine
Trennung nicht am Schluß, sondern am Beginn eines Prozesses von
helfender Beratung (und kann entsprechend kurz gehalten werden). Das
Kinderhaus übernimmt so die Aufgaben eines Kindernotdienstes und leistet
einen Beitrag zur Zivilisierung der ‚Ausreißerkultur’ (Stierlin).
Wenigstens vier von je zwanzig Zimmern sollen daher für kurzfristige und Notaufnahmen bereitstehen.
Die
Frage, ob ein Hilfsangebot im gegebenen Fall „geeignet“ ist oder nicht,
wird von den beteiligten helfenden Beratern je nach ihrer eigenen
beruflichen Perspektive oft unterschiedlich beantwortet. ‚Objektive’
Antworten sind in diesem Bereich nicht möglich; man kann nur versuchen,
bekannte Fehlerquellen auszuschließen. Die mittlerweile üblichen
Fallkonferenzen dienen diesem Zweck.
Fallkonferenzen,
bei denen nur Vertreter von helfenden und verwaltenden Institutionen
das Wort haben, laufen Gefahr, deren eigene Interessen stärker zu
gewichten, als dem je individuellen ‚Fall’ zuträglich ist. (Das gilt für
das geldgebende Jugendamt ebenso wie für ein unterm Belegungsdruck
ächzendes Kinderheim und eine überforderte Schule.) Es ist nötig, in den
Entscheidungsfindungsprozeß frühzeitig Fachleute einzuführen, die am
Ausgang jenes Prozesses kein eigenes berufliches Interesse haben, weil
ihre Arbeitsstelle nicht einzelnen ‚Fällen’ und deren ‚Lösung’
zugeordnet ist, sondern, dem ‚ganzen Feld’.
Direkt beim Träger des Kinderhausverbundes werden darum Sozialarbeiter angestellt, deren Tätigkeit nicht auf die einzelnen Kinderhäuser, sondern auf die jeweiligen Wohnquartiere bezogen ist und in sich Merkmale des Streetworkers, des Familienhelfers und der klassischen Familienfürsorge mit denen eines Heimberaters vereinigt. Sie sollen im Vorfeld des Kinderhauses informellen Kontakt zu den möglichen Nutzern aufnehmen und das Kind und seine Familie mit den vorhandenen Hilfs-Ressourcen bekannt machen. Es obliegt dabei ihrem eigenen fachlichen Urteil, zu welcher Hilfsmöglichkeit sie den Nachfragern raten – und, wenn sie dafür Gründe sehen, von der einen oder andern Möglichkeit abzuraten. Ihre Aufgabe gegenüber den Einrichtungen der Sozialarbeit ist nicht die des Zuträgers, sondern die eines Vermittlers zwischen Nutzern und Anbietern; insofern beraten sie beide Seiten.
Hat
sich ein Kind zum Einzug in das Kinderhaus entschlossen, haben die
polyvalenten ‚Feldarbeiter’ die Aufnahme vorzubereiten, den ‚Fall’
gegenüber dem Jugendamt zu vertreten und während des ganzen Aufenthalts
des Kindes im Kinderhaus für dessen regelmäßigen Verkehr mit seiner
Familie zu sorgen und, wenn sie es als nötig erachten, weitergehende
therapeutische Eingriffe (Systemberatung o.ä.) in die Wege zu leiten.
(Wo Eingriffe in die ‚Tiefen’ der kindlichen Persönlichkeit angezeigt
sind, ist es die Trennung von der Familie in der Regel nicht, und
umgekehrt.) Sie handeln den Kontrakt zwischen Kinderhaus und Familie aus
(z.B. die voraussichtliche Aufenthaltsdauer betreffend,
Familienkonferenzen usw.) und wachen – als Vertragspartner – über dessen
Einhaltung. Sie sorgen für turnusmäßige Fallkonferenzen und regen, wenn
es soweit ist, die Rückkehr des Kindes nach Hause an und beraten die
Familie nach ihrer Wiedervereinigung.
Im Rahmen des Verbundes wird es möglich sein, daß Feld-Arbeiter in die Kinderhäuser überwechseln.
Bewohnern des Kinderhauses, die mit fünfzehn, sechzehn Jahren der Kindergesellschaft entwachsen sind, soll der Übergang in selbständigere Wohnformen – WGs, betreutes Wohnen u.a. – ermöglicht werden, sofern sie aus dem einen oder andern Grund nicht in den Haushalt ihrer Familie zurückkehren können oder wollen. Diese ‚Nachbetreuung’ zählt zu den vornehmsten Aufgaben der Feldarbeiter. Sie haben die erforderlichen Nachfolgeeinrichtungen gegebenenfalls selber zu initiieren.
Bewohnern des Kinderhauses, die mit fünfzehn, sechzehn Jahren der Kindergesellschaft entwachsen sind, soll der Übergang in selbständigere Wohnformen – WGs, betreutes Wohnen u.a. – ermöglicht werden, sofern sie aus dem einen oder andern Grund nicht in den Haushalt ihrer Familie zurückkehren können oder wollen. Diese ‚Nachbetreuung’ zählt zu den vornehmsten Aufgaben der Feldarbeiter. Sie haben die erforderlichen Nachfolgeeinrichtungen gegebenenfalls selber zu initiieren.
In
dem Maße, wie das Kinderhaus als reguläre Dienstleistung ins Bewußtsein
der Öffentlichkeit dringt, wird der Erstkontakt zwischen Kinderhaus und
Nutzern teils im Kinderhaus selbst, teils durch die Feldarbeiter
hergestellt. Während der Aufbauphase des Verbundes, solange erst ein
oder zwei Kinderhäuser isoliert im Raum stehen, wird dieser Kontakt, wie
in einem herkömmlichen Kinderheim, durch die Jugendämter vermittelt
werden müssen. Das Kinderhaus wird die Arbeit mit den Familien, die
Fallkonferenzen und weiterführende therapeutische Leistungen in dieser
Phase aus eignen Mitteln veranstalten. Dabei ist es sich der Versuchung
bewußt, in die eigne Tasche zu wirtschaften, und ist von Anbeginn
bestrebt, jene Aufgabe an Professionelle abzutreten, deren berufliche
Existenz von der Belegungsrate des Kinderhauses unabhängig ist.
Diaphora. Gesellschaft für neue Erziehung mbH (gemeinnützig) Geschäftsführer Jochen Ebmeier
NB:
Aufgrund der voranstehenden Konzeption erteilte die Berliner
Senatsjugendverwaltung im Mai 1994 die Betriebsgenehmigung für das
Kinderhaus Little space in der Boxhagener Straße in Friedrichshain.Leider mußte es schon im Winter wieder schließen.
*
Sollte Ihnen übrigens irgendwer einreden, es sei nicht vorhersehbar gewesen, dass
Friedrichshain nur zwei, drei Jahre später Kreuzberg den Rang als
Szeneviertel ablaufen würde - glauben Sie ihm kein Wort; ich habe es vorhergesehen.
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