Kommentar zu Zurück auf Anfang.
Bis weit in die neunziger Jahre laute der letzte Schrei in der Jugendhilfe Fremdunterbringung nach Möglichkeit ver- meiden! Das klang beinahe revolutionär - war doch das Heim ein Jahrhundert lang sowohl Fundament als auch Schlussstein der Jugendfürsorge gewesen! Dem Geist der Zeit und namentlich der "Heimkampagne" des Jahres '68 folgend, sollte aus der behördlichen Fürsorge nunmehr sozialarbeiterliche Hilfe werden; festgeschrieben im neu- en Kinder- und Jugendhilfe-Gesetz, das nach langen Wehen 1991 endlich das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz aus dem Jahre 1927 ersetzt hat .
Wollte da eine Bürokratie freiwillig den Zugriff auf ihre Untertanen lockern? Ach, weit gefehlt. Es schoss viel- mehr die Plethora der ambulanten Maßnahmen ins Kraut, die vielen Sozialarbeitern neue Beschäftigungsmöglich- keiten schafften und die im Hintergrund lauernden Heime erst dann in Anspruch nahmen, wenn sich die am- bulant Maßgenommenen über Jahre als restistent erwiesen hatten und als Ultima Ratio "nichts anderes mehr übrigblieb" - und dann wiederum die Erwartung bestätigten, dass Fremdunterbringung nichts bringt. Ein Zirkel, der viele Steuermittel kostete und nur den Professionellen und dem Seelenfrieden der Verwaltungen gedient hat.
Aber es wurde immerhin so getan, als lägen den behördlichen Entscheidungen fachliche Erwägungen zu Grun- de.
Seit Mitte der neunziger Jahre stand auch die Jugendhilfe im Zeichen des Sparens. Die Stadtkämmerer konnten auch bei gutem Willen dem unvermeidlichen Ruf nach mehr Personal nicht länger nachgeben, und den Jugend- ämtern blieb nichts übrig, als allüberall nach den billigsten Angeboten zu suchen. Die Folgen sind verheerend. Von fachlichen Debatten in Jugendhilfe und Sozialarbeit ist - mindestens in der interes- sierten Öffentlichkeit - nichts mehr zu hören, Jedem sitzt das Hemd näher als die Hose, und alle machen klein-klein.
Und darum erleben wir ein Anschwellen der... Femdunterbringung! Dass das alles am Ende doch nur immer teurer wird, ist noch der geringste Skandal. Dass viele tausend Leben schon in frühen Jahren beschädigt wer- den, ist ein viel größerer.
Der allergrößte ist aber, dass seit einem Vierteljahrhundert die Alternativen bekannt sind - aber gegen den Willen einer gefräßigen Bürokratie* nie ein Chance bekamen.
18. 9. 17
Nota. - Gerechterweise sei hinzugefügt: Angesichts der Gesetzeslage hätten sie allerdings grünes Licht von der politischen Ebene gebraucht, aber dafür hätten sie sich einsetzen müssen. Das haben sie nicht gewollt. Und sei es, weil sie wissen: Jugendpolitiker sind entweder solche, die nur ein Sprungbrett für höhere Aufgaben suchen, oder solche, die man bereits wieder abgeschoben hat. Die legen sich nicht ins Zeug.
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