Strafprozess wegen Kindesmisshandlung
Mit kühlem Kopf und Augenmaß - das kann in solchen Fällen immer nur auf Trivialitäten hinauslaufen: "Man muss immer den einzelnen Fall ansehen, Pauschalurteile helfen nicht weiter." Das klingt maßlos fehl am Platz, wenn sich die Hiobsbotschaften mal wieder gehäuft haben. Die Behörde wird ja wohl versagt haben, da beißt die Maus keinen Faden ab.
Aber die Behörde hat's auch schwer, sagen die Ämterversteher und ihre Berufsvertretungen.
Und mein Gott, beide haben sie Recht. Auf welche Seite man sich schlägt, hängt zuerst einmal davon ab, welches Vor-Urteil man bereits mitbringt. Ist man der Meinung, das Jugendamt sei in erster Linie Kontrolleur, der dar- auf zu achten hat, dass alles in Ordnung ist, so wird man zu dem Urteil neigen, "da hätten viel früher schon die Alarmglocken schrillen müssen". Ist man dagegen der Auffassung, das Jugendamt habe wie jeder Sozialarbeiter den Auftrag, aus der gegebenen Situation das für alle Beteiligten jeweils Bestmögliche heraus- zuholen, wird man sagen: Ja, dieser Versuch musste auch noch gewagt werden, nur wer kein Risiko eingeht, macht keine Fehler - aber als Sozialarbeiter ist er selber ein Fehler.
Und ob Sie eines dieser beiden Vor-Urteile wählen oder nicht, liegt nicht in Ihrem Ermessen. Die Doppelnatur des Jugendamts als Behörde und als Helfender Berater lässt Ihnen gar keinen Spielraum.
Nicht, dass es bei einer längst fälligen Entmischung der beiden Funktionen keine Tragödien mehr geben würde. Nicht, dass es keine Fehleinschätzungen und keine Verantwortungslosigkeiten mehr geben würde. Nicht, dass es keine Sturheit und kein Schema F mehr geben würde! Aber man könnte sie leichter identifizieren, beim Namen nennen und - nun ja, Rechenschaft fordern. Und was viel wichtiger ist: Die, die es angeht, könnten, dürften, müssten sicherer sein, dass es auf sie ankommt.
Wer einmal in einer Behörde zu tun hatte, wird wissen, welchen Unterschied sowas ausmacht. Denn dann könnte jeder Einzelfall wirklich als Einzelfall erörtert werden,
21. 12. 14
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